Verbotener Weichmacher dank KiSA-Studie entdeckt

Das LANUV analysiert seit dem Jahr 2011 im Auftrag des NRW-Umweltministeriums, ob Kinder durch Schadstoffe wie etwa Weichmacher, Umweltphenole, Pestizide oder Konservierungsmittel belastet sind. Mit der Kinder-Schadstoff-Analyse NRW (KiSA-Studie, früher KITA-Studie), die das LANUV alle drei Jahre an 250 Kindern zwischen zwei und sechs Jahren durchführt, hat es eine wichtige Langzeitstudie aufgebaut. Sie liefert bedeutende Hinweise auf zeitliche Verläufe der Schadstoffbelastung. So wies das LANUV im vorigen Jahr in Urinproben ein Abbauprodukt (Metabolit) eines verbotenen Weichmachers nach, der schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann.

Es klingt fast wie eine Detektivgeschichte: Bei Nachaus­wertungen von Urinproben aus den Jahren 2020/21 wurde ein Abbauprodukt des Weichmachers Di-n-­hexyl-Phthalat nachgewiesen. „Dieser Befund erschien uns nicht plausibel, denn der entsprechende Weichmacher ist in Europa verboten und nicht in der EU-­weiten Chemikalienverordnung REACH registriert“, sagt Dr. Martin Kraft, der den LANUV-Fachbereich „Umweltmedizin, Toxikologie, Epidemiologie, Noxen-­Informationssystem“ leitet. Konkret konnte die Sub­stanz Mono-n-hexyl-Phthalat (MnHexP) in 61 Prozent der Urinproben in der Studie 2020/21 bestimmt werden.

Um die Belastung zeitlich einzugrenzen, beauftragte das LANUV daraufhin umgehend weitere Analy­sen von Proben aus 2017/18. Dabei wurde das Ab­bau­produkt bei 26 Prozent der Proben festgestellt. Außerdem zeigte sich, dass sich die Konzentration bei höher belasteten Kindern zwischen 2017/18 und 2020/21 verzehnfachte. Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und der Ruhr-Universität Bochum begab sich das LANUV auf eine intensive Suche nach den Gründen für diesen Anstieg. Das Umweltbundesamt konnte schließlich anhand eigener Datensätze aus einer Studie mit Erwachsenen zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Sonnencreme und erhöhten MnHexP-Werten gibt – ein Befund, den das LANUV mit den KiSA-Daten bestätigen konnte.

Urinproben von Kita-Kindern werden auf Schadstoffe untersucht und für spätere Nachuntersuchungen tiefgekühlt aufbewahrt. Foto: Oberhäuser

Im Jahr 2024 stellte das LANUV bei der Analyse der Proben der 5. KiSA-Studie 2023/24 erneut das Abbauprodukt des verbotenen Weichmachers fest. „Zwar hat sich die Belastung insgesamt im Vergleich zu den Untersuchungen in 2020/21 nicht stark verändert, allerdings wurde bei den höher belasteten Kindern nochmals ein Anstieg von MnHexP festgestellt“, sagt Dr. Yvonni Chovolou, wissenschaftliche Projektleiterin der KiSA-Studie. Die Kommission Human-Biomoni­toring des Umweltbundesamts, in der sowohl Yvonni Chovolou als auch Martin Kraft verantwortlich mit­arbeiten, hatte im März 2024 ein gesundheitliches Bewertungskriterium veröffentlicht, das für MnHexP einen Wert von 60 Mikrogramm pro Liter vorsah. Während in den Studien 2017/18 und 2020/21 kein Kind diesen Wert überschritten hatten, lagen nun in der aktuellen Studie zwei Kinder oberhalb des Werts. Bei Überschreitung dieses Werts können gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Daher sollte der Messwert kontrolliert, nach Quellen für die Belastung gesucht und diese minimiert werden.

Eine Konsequenz aus der Datenauswertung der KiSA-Studie war, dass der Weichmacher tatsächlich in verschiedenen Sonnencremes gefunden wurde. Die Ursache ist offensichtlich ein bestimmter UV-Filter, bei dessen Herstellung DnHexP als Verunreinigung entsteht. „Die KiSA-Studie ist ein perfektes Frühwarnsystem. Ohne diese Untersuchungen wäre die Belastung bei den Kindern vermutlich gar nicht oder erst nach vielen Jahren aufgefallen, denn den Weichmacher Di-n-­­hexyl-Phthalat hatte bis dahin niemand auf dem Radar“, bilanziert Martin Kraft.

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