Team Feldhamster
Um einen Feldhamster in freier Wildbahn zu sehen, braucht es etwas Glück. Doch wer dann einen sieht, ist zumeist happy – das erzählt Anika Hirz, die im Fachbereich „Artenschutz, Vogelschutzwarte, LANUV-Artenschutzzentrum“ seit dem Jahr 2022 das Auswilderungsprojekt des Feldhamsters koordiniert. „Die Biologischen Stationen werden immer wieder von Landwirtinnen und Landwirten angerufen, die auf ihren Flächen einen Feldhamster gesehen haben und sich darüber freuen“, erzählt die Biologin. Das sei auch deswegen erfreulich, weil deren Vorfahren einst die Feldhamster auf den Äckern fleißig gejagt hätten.
Dass sich das Nagetier in NRW noch blicken lässt, ist eine Erfolgsgeschichte für das Land – und damit auch für das LANUV. Seit dem Jahr 2007 schildert NRW der EU-Kommission alle sechs Jahre in Berichten zur Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) unter anderem, wie es um den Bestand des streng geschützten Feldhamsters bestellt ist. Der Trend ist eindeutig negativ. „Im Jahr 2015 war klar: Wenn nicht schnell was passiert, stirbt uns der Feldhamster weg“, sagt Fachbereichsleiter Dr. Matthias Kaiser. Es folgten Diskussionen mit Politikerinnen und Politikern sowie Kommunen und Kreisen, Verhandlungen mit Flächeneigentümerinnen und -eigentümern, mit Landwirtinnen und Landwirten vor Ort. Durch die intensive Einbindung der Landwirtschaftskammer und der Landwirtschaftsverbände sowie der Biologischen Stationen und der zuständigen unteren Naturschutzbehörden wurde ein landesweites Artenschutzprojekt zur Rettung des seltenen Nagers gestartet. „In der Region Zülpich wurden 2016/2017 die letzten Feldhamster gefangen, um im niederländischen Gaia-Zoo und im LANUV-Artenschutzzentrum in Metelen eine Hamster-Zucht zu starten“, sagt Matthias Kaiser.
Seit 2019 werden regelmäßig Feldhamster ausgewildert, erst in Pulheim, in Rommerskirchen und in der Region Aachen an der Grenze zu den Niederlanden, zuletzt im Jahr 2024 im Raum Zülpich. Die meisten Tiere, die ins Freiland ausgesetzt wurden, wurden in Metelen durch den Tierpfleger Jörg Kritschker und die Tierpflegehelferin Clara Stücker großgezogen. „Wir haben ihnen Boxen mit Streu zur Verfügung gestellt. Die Feldhamster bekommen Obst, Gemüse und tierische Proteine, sind recht genügsam und bereiten nur wenig Mühe in der Zucht“, erzählt Jörg Kritschker. Lediglich bei den Verpaarungen müsse man die Feldhamster gelegentlich im Auge behalten, damit sie sich nicht gegenseitig verletzen. Rund 200 Junge jährlich züchtet das LANUV in der Regel, die dann ausgewildert werden. Allerdings können es auch mal 450 Tiere sein, wenn es für sie ausreichend Auswilderungsflächen gibt.
Wichtig ist in der Zucht, dass die Genetik regelmäßig durch Tiere aus anderen Zuchtstationen wie dem Gaia-Zoo oder Rückfängen von den Auswilderungsflächen aufgefrischt wird. „Wir müssen die Zucht genetisch möglichst breit aufstellen, weil es ansonsten zu einer Inzuchtdepression und damit zu Erbkrankheiten kommen kann“, sagt Anika Hirz, die regelmäßig das Artenschutzzentrum in Metelen besucht. Um zu wissen, wie hoch der Inzuchtfaktor bei den Feldhamstern ist, nutzt sie eine Software. Damit lässt sich berechnen, welche Tiere miteinander verpaart werden können. Der Austausch mit der internationalen Feldhamster-Community ist für das LANUV-Team aber ohnehin sehr wichtig. So kamen im Oktober auf LANUV-Einladung Forscherinnen und Forscher zu einer Tagung nach Köln, um sich über den Zustand der Feldhamsterpopulation in Europa auszutauschen.
Entscheidend für das Überleben der Nager sind geeignete Flächen. So braucht der Feldhamster zum einen tragfähige Böden, die so stabil sind, dass seine Baue nicht beim ersten Regen zusammensacken. Diese bodenkundlichen Voraussetzungen, sagt Matthias Kaiser, seien in NRW nur in der Kölner Bucht gegeben. Zum anderen benötige die Art die passende Bewirtschaftungsform, denn auf intensiv genutzten Äckern kann das Tier nicht überleben. Der Feldhamster ist auf kleinteilige Streifen, unterschiedliche Ansaaten wie Getreide, Leguminosen oder Wildkräuter sowie auf Flächen, die nicht gepflügt werden, angewiesen. Und es braucht Landbewirtschaftende, die ihre Flächen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes zur Verfügung stellen.
Mittlerweile gibt es in NRW wieder Landwirtinnen und Landwirte, die sich für den Feldhamsterschutz engagieren, sodass landesweit rund 700 Tiere vorkommen. „Wir können durch unser Monitoring belegen, dass sich der Feldhamster ausbreitet, auch wenn wir möglicherweise wegen der vielen Sommerniederschläge in den vergangenen zwei Jahren leichte Rückgänge zu verzeichnen haben“, bilanziert Anika Hirz. Bis zum Jahr 2029 wird das Feldhamsterprojekt noch laufen. „Es braucht diesen langen Atem, um beurteilen zu können, ob der Feldhamster eine Chance hat“, sagt Matthias Kaiser. „Wir werden aber alles versuchen, damit er in NRW überleben kann.“
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