Der Weg einer Wasserprobe

Wer über Maßnahmen im Umweltschutz entscheiden will, braucht valide, justiziable und relevante Daten als Basis. Aufgabe der Abteilung „Zentrale Umweltanalytik“ ist, diese Daten im Bereich der gesetzlich geregelten Überwachung der aquatischen Umwelt, des Abwassers sowie bei der Untersuchung von Böden, Abfällen und Produkten zu gewinnen und sie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die erforderlichen Messprogramme und Fragestellungen stimmt das Auftragsmanagement zwischen den Auftraggebern, dem Probenahmemanage­ment und den Laboren ab.

Die Umweltüberwachung basiert hauptsächlich auf den drei Messprogrammen Abwasser, Grundwasser und Oberflächenwasser, die mit den Bezirksregierungen und der LANUV-Abteilung „Wasserwirtschaft, Gewässerschutz“ abgestimmt werden. Dazu kommen noch wie etwa im Jahr 2024 rund 150 individuelle anlassbezogene Fragestellungen. Damit überwachte das LANUV 2024 routinemäßig rund 1.600 Direkteinleitungen und 1.300 Indirekteinleitungen in NRW. Diese Zusammenhänge lassen sich am Beispiel eines Galvanikbetriebs in Wuppertal anschaulich schildern. Für diesen hat die Bezirksregierung die Genehmigung erteilt, Abwasser einzuleiten. Sie ist verbunden mit der Vorgabe, sich an die in der Abwasserverordnung festgelegten Grenzwerte etwa für Ionen wie Sulfat oder Nitrit, adsorbierbare organisch gebundene Halogene, Cyanide, Sulfide oder Elemente wie Kupfer, Chrom, Nickel, Blei oder Zink zu halten. „Von der Bezirksregierung erhalten wir den Auftrag, Proben zu nehmen und zu analysieren“, sagt Juliane Schrader, die den Fachbereich „Auftragsmanagement“ leitet.

Dieser Betrieb ist wie die übrigen Standorte und Messstellen Teil der Jahresplanung, die der Fachbereich „Auftragsmanagement“ mit den Bezirksregierungen abstimmt. Der Fachbereich ist die Schnittstelle zwischen den LANUV-Laboren sowie der LANUV-Probenahme und Auftraggebern wie etwa Bezirksregierung, untere Umweltschutzbehörden und dem NRW-Umweltministerium. „Wir stimmen die fachlichen Anforde­rungen ab und setzen sie in Form von Probenahmeaufträgen und jährlichen Messprogrammen um“, erläutert Juliane Schrader. Alle Messstellen und die ver­fügbaren Analysenmethoden sind im Labor-Informations-Management System (LIMS) hinterlegt. Zu finden sind dort auch die jährlichen Messprogramme, die dem weiteren Prozess zur Verfügung stehen. Von dort werden diese vom Fachbereich „Probenahmemanagement“, der von Dr. Gregor Braun geleitet wird, in Probenahmepläne umgesetzt.

Die Durchführung der Probenahme bei sämtlichen Einleitern erfolgt von allen acht LANUV-Probenahme­standorten aus. „An jedem Standort plant ein Einsatzleiter die täglichen Touren der Probenehmenden“, sagt er. Die rund 55 Probenehmerinnen und Probenehmer sind ausgestattet mit Messstellenakten, die alle Informationen zu den Messstellen liefern. Vor Fahrtantritt beladen sie das Fahrzeug mit Materialien und Chemikalien, die für die Probenahme benötigt werden. Dies können je nach Auftrag bis zu 40 unterschiedliche Probengefäße sein. Jedes Gefäß wird mit einem passenden Etikett versehen, das die im LIMS hinterlegten Informationen zu den zu messenden Para­metern, zum bearbeitenden Labor und zur Messstelle enthält.

Die Probenahme erfolgt als Stichprobe oder als qualifizierte Stichprobe. Das Vorgehen dabei legen Normen genau fest, beispielsweise die DIN EN ISO 38402-11 „Probenahme von Abwasser“. Die Vorgaben sind in Arbeitsanweisungen für die praktische Anwendung und die Gegebenheiten beim LANUV übertragen. „Ein wichtiger Bestandteil der Probenahme ist das aus dem LIMS erzeugte Probenahmeprotokoll, in dem alle relevanten Details der Probenahme dokumentiert werden. Das Protokoll stellt bei eventuellen juristischen Auseinandersetzungen eine Urkunde dar, deswegen ist die genaue Einhaltung und Dokumentation der Probenahmedaten äußerst wichtig“, sagt Gregor Braun. Rund 20.000 Probenahmeaufträge kamen im Jahr 2024 zusammen.

Im Anschluss an die Probenahmen bringen die Probenahmeteams die Proben an ihre Standorte zurück, wo sie für den Versand an die Labore vorbereitet werden. Der Versand der Proben und die Einhaltung der maximalen Lagerdauer je Parameter erfordern eine komplexe Logistik: So ist beispielsweise sicherzustellen, dass Proben, die mikrobiologisch analysiert werden sollen, innerhalb von 24 Stunden an den Standort Duisburg geliefert werden. Der Parameter Quecksilber kann hingegen maximal 30 Tage gelagert werden, bevor er am Standort Herten analysiert wird. Generell werden in Herten und Bonn Abwasser und Feststoffe, in Duisburg, Minden und Lippstadt Oberflächenwasser und Grundwasser analysiert.

In den LANUV-Laboren arbeiten rund 150 Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter, die die Proben analysieren. „Im Laufe eines Jahres ermitteln wir circa eine Million Analyseergebnisse“, sagt Dr. Klaus Furtmann, Leiter der Abteilung „Zentrale Umweltanalytik“. Jedes Ergebnis wird im LIMS erfasst und durchläuft drei Freigabestufen, bevor die Daten an andere Datenbanken übertragen werden. Die Ergebnisse beispielsweise der amtlichen Einleiterüberwachung werden im ELWAS-­Web veröffentlicht und stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Einleitende Betriebe oder Betreiber von Kläranlagen können dort ihre Überwachungsergebnisse einsehen.

Titelfoto: J. Sohr

EU-Projekt Non-Target-Screening

Das LANUV hat sich an einem EU-Projekt zum sogenannten Non-Target-Screening (NTS) mittels Flüssigchromatographie gekoppelt mit hochauflösender Massenspektrometrie beteiligt. Damit lassen sich unter anderem Stoffe nachweisen, die bislang noch nicht überwacht werden. Fünf Umwelt­behörden aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, die Messstationen am Rhein betreiben, gelang es dabei, ein Programm zu entwickeln, mit dem sich die tägliche Überwachung einer sehr großen Anzahl von bekannten, vermuteten und bis­her unbekannten Umweltschadstoffen verbessert. Damit wird beispielsweise die Verarbeitung, Auswertung und Speicherung von NTS-Daten deutlich optimiert. Zudem ermöglicht es als Frühwarnsystem, Stoffe schneller zu identifizieren und die Verschmutzungsquelle, sei es häuslich, industriell, landwirtschaftlich oder natürlich, zügig zu ermitteln.

Rufbereitschaftsdienst Umweltüberwachung

Unfälle, bei denen Gewässer gefährdet sein könnten, kann es zu jeder Tages- und Nachtzeit geben. Außerhalb der normalen Dienstzeit hat deshalb die Abteilung „Zentrale Umweltanalytik“ einen Bereitschaftsdienst eingerichtet. Mitarbeitende des Fachbereichs „Probenahmemanagement“ nehmen in diesen Fällen zeitnah Proben aus den Gewässern zur Beweissicherung oder zu Schadensbeurteilungen. Koordiniert werden die Einsätze durch die LANUV-­Nachrichtenbereitschaftszentrale. Die fachliche Begleitung erfolgt durch Sachkundige im Backoffice, die telefonisch oder bei Bedarf auch persönlich am Einsatz teilnehmen. Schadensfälle können beispielsweise Ölschlieren auf Gewässern, Fischsterben oder Brände sein, bei denen Löschwasser in Gewässer eingetragen wird. Generell zählen dazu auch Betriebsunfälle, bei denen gefährliche Stoffe ins Gewässer gelangen. Am Bereitschaftsdienst nimmt auch das LANUV-Laborschiff „Max Prüss“ teil, wenn es sich um Unfälle auf schiffbaren Gewässern handelt.

Auf rund 80 Einsätze kommen die Kolleginnen und Kollegen jedes Jahr, so auch im Jahr 2024. Zu den besonderen Fällen zählten beispielsweise die vermehrt auftretenden Blaualgenfälle in Seen und der Brand in einem Werk der chemischen Industrie in Wesel. „Treten Schadensfälle auf, kann das LANUV von den unteren Umweltbehörden oder den Bezirksregierungen angefordert werden“, sagt Juliane Schrader, die den Fachbereich „Auftragsmanagement“ leitet. Die Rufbereitschaft wird aktiviert, wenn ein Einsatz des LANUV außerhalb der normalen Dienstzeit erforderlich ist. Der Rufbereitschaftsdienst wird von den Probenehmerinnen und Probenehmern für die Dauer von jeweils einer Woche geleistet. Sie werden zum Schadensfall beordert, wo sie auf Vertreterinnen und Vertreter der verantwortlichen Behörde treffen, die den Einsatz begleiten.

Die Proben, die bei einem Schadensfall zu nehmen sind, dienen der Abschätzung des Gefährdungspotenzials und der Beweissicherung. „Alle Kolleginnen und Kollegen des Bereitschaftsdienstes sind besonders geschult, um die notwendigen Entscheidungen für die Entnahme einer repräsentativen, beweiskräftigen Probe schnell und richtig treffen zu können“, sagt Dr. Gregor Braun, Leiter des Fachbereichs „Probenahmemanagement“. Die Qualitätsanforderungen an die Proben sind sehr hoch, da die ermittelten Ergebnisse bei juristischen Auseinandersetzungen Bestand haben müssen.

Häufig geschieht der Einsatz während der Rufbereitschaft unter erschwerten Bedingungen wie zum Beispiel bei schlechten Sichtverhältnissen, bei Feuer, nachts und in unbefestigtem Gelände. Prinzipiell gilt dabei: Keine Probe ist so wichtig wie das eigene Leben. Deswegen ist es wichtig, dass Feuerwehr und Polizei vor Ort sind, die die Situation sehr gut abschätzen und damit den Probenahmedienst unterstützen können. Die gezogenen Proben werden anschließend zur Analytik auf die LANUV-Labore verteilt.

Ringversuche zum Trinkwasser

Der Fachbereich „Notifizierung und Eignungsprüfungen, Qualitätsmanagement, Digitalisierung“ richtet jährlich Ringversuche aus, mit denen deutschlandweit Labore überprüft werden, die im Rahmen der Trinkwasser­verordnung tätig sind. Ringversuche sind ein Instrument zur Qualitätskontrolle für zugelassene Unter­suchungs­­stellen. Das LANUV ist dafür von der deutschen Akkreditierungsstelle DAkkS akkreditiert. Für die Ringversuche verschickt der Fachbereich identische Trinkwasserproben an die teilnehmenden Labore, die diese analysieren. Das LANUV wertet die Analyseergebnisse aus. Liegt das Ergebnis innerhalb vorgegebener Toleranzgrenzen, hat das Labor erfolgreich teilgenommen.

Im Jahr 2024 hat das LANUV sechs Trinkwasser-Ringversuche durchgeführt – vor dem besonderen Hintergrund, dass in der Trinkwasserverordnung einige chemische Untersuchungsparameter neu begrenzt wurden, wie beispielsweise Chlorit/Chlorat, Bisphenol A, Microcystin-LR und PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen). Für letztere wurde ein zusätzlicher neuer Ringversuch eingeführt. Dabei sind die Teilnehmerproben erstmals direkt in der Flasche dotiert worden, da am Glas anhaftendes PFAS die Ergebnisse verfälschen kann und die PFAS-Grenzwerte in der Trinkwasserverordnung sehr niedrig sind.

In der Bilanz fielen die Ergebnisse sehr positiv aus. So nahmen insgesamt 60 Labore am PFAS-Ringversuch teil. Die vorgegebenen Konzentrationen wurden zu über 90 Prozent erfolgreich bestimmt. Bei Bisphenol A lag die Erfolgsquote der 48 teilnehmenden Labore ebenfalls bei 90 Prozent, bei Chlorit bei 90 Prozent (81 Labore) und bei Chlorat bei 83 Prozent (82 Labore). Bei der Analyse von Microcystin-LR bestanden alle 22 Labore den Ringversuch. „Mit diesem Ringversuchsangebot stellen wir sicher, dass die Parameter und Konzentrationen der neuen Trinkwasserverordnung sicher überwacht werden können“, bilanziert die Fachbereichsleiterin Sibylle Fütterer. Das weitere regelmäßige Angebot dieser Ringversuche werde auch in Zukunft dazu beitragen, die Überwachung der Trinkwasserqualität zu gewährleisten.

Teilen Sie diese Seite auf